Freitag, 12. November 2010

shocking seventies

wenn meine mutter oder mein vater damals in den 70ern geburtstag hatten, dann war die hütte voll. proppenvoll. in unserem esszimmer war es unerträglich heiß, und meine mutter, natürlich mit einer blütenweißen schürze um den hüften, trug einen kuchen nach dem anderen herein. es roch nach kaffee, kölnisch wasser und pomade. irgendwie unangenehm, aber eben vertraut.

nach dem kaffeetrinken verschwand meine mutter sofort wieder in der küche, um die geschirrberge abzuwaschen. helfen ließ sie sich nur in absoluten notfällen, weil eine gute hausfrau so was ja mit links erledigt. und nach diesem spülmarathon stürzte sie sich gleich in die vorbereitungen fürs abendbrot.
im esszimmer gingen inzwischen die ersten liköre über den tisch, die damen juchzten und quietschten ob der anzüglichen witze der herren und rannten ungefähr alle zehn minuten aufs klo.

und dann kam, was immer kam und was ich am meisten hasste: tante liese lief mir über den weg und entdeckte einen winzig kleinen schokoladenfleck in meinem gesicht, zog ihr mit lippenstift verschmiertes und nach 4711 stinkendes stofftaschentuch schnell wie ein revolverheld aus dem ärmel, spuckte hinein und wischte mir damit minutenlang den mund. und ich stand da, widerstand zwecklos, und dachte, wie doof doch die erwachsenen sind.

1 Kommentar:

oh-mimmi hat gesagt…

An die 70-er kann ich mich nicht mehr erinnern ;o) aber an die 80-er. Auch bei uns: zu sämtlichen Anlässen (oder auch nur just for fun) immer proppenvolles Haus. Nur war meine Mutter keine vorbildliche Hausfrau, sondern das Motto hieß stets "Selbstbedienung am Mitbringbuffet" und "wer vor 5.00Uhr nach Hause geht, hat verloren" ... Irgendwie find ich unsere Generation wieder viel spießiger. Mich eingeschlossen natürlich ... leider ...

Christel